Krisen, wohin man schaut: Krieg in Europa mit noch unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen, eine unerwartete hohe Inflation, Cyber Incidents, Business and Supply Chain Interruptions, ein beängstigender Demografie- und Klimawandel, die Corona-Pandemie, die Folgen des Brexits oder die digitale Transformation mit ihren disruptiven Folgen. Krisen legen nicht nur wirtschaftliche und gesellschaftliche Schwächen im System offen. Krisen zeigen auch unerbittlich und schonungslos die Unzulänglichkeiten von Organisationen und Geschäftsmodellen auf. An erster Stelle steht hier die Überforderung des Topmanagements und seiner Führungskräfte, ihre Unternehmen schadlos durch diese Krisen zu manövrieren.
Klarer Auftrag an das Topmanagement.
Angesichts rückläufiger Geburtenzahlen, eines Mangels von 400 000 Fachkräften – besonders im IT -Bereich und im Handwerk – und einer bislang nicht gekannten generellen Ausbildungsmisere hat der War of Talents hierzulande für CEOs dieselbe Dimension wie das Ziel Klimaneutralität erreicht. Und auch dann, wenn die Bundesregierung mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Jahr 2020 den Rahmen für eine zukunftsorientierte und bedarfsgerechte Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten geschaffen hat, müssen die Unternehmen aber selbst einen aktiven Beitrag leisten, indem sie sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren. Deshalb lautet der Auftrag an das Topmanagement in Deutschland, aus einer schlechten Firma eine gute und aus einer guten Firma eine noch bessere zu machen.
Soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung.
Aber wie macht man das? Indem man eine Exzellenzkultur implementiert, bei der Prozesse, Produkte, Führung und Dienstleistungen qualitativ hoch, innovativ und nachhaltig sind. Eine erlaubende Atmosphäre mit einer freundlichen, offenen Streit- und Konfliktkultur ermöglicht eine Organisation, in der das Argument mehr zählt als die Hierarchiestufe und in der die Lösung von Konflikten als Höchstmaß gegenseitiger Beachtung empfunden wird. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Klimaneutralität, Diversity und Einhaltung der ESG Kriterien sorgen für Stabilität und Sicherheit und sind ein wirtschaftlicher Imperativ, um eine lernende Organisation zu etablieren. Das erfordert soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung. Dazu bilden Kundenorientierung, Kompetenz, Integrität, Stabilität und Bescheidenheit den Markenkern, die Identität und DNA eines erfolgreichen Unternehmens. In besonderem Maß muss das Topmanagement, wenn es neue Mitarbeiter rekrutiert, auf deren Einstellung achten. Denn Fähigkeiten kann man schulen, Haltungen, Loyalität, Integrität und Charakter sind das Ergebnis der Konditionierung und daher schwer zu beeinflussen.
Keiner scheitert freiwillig.
Glaubwürdigkeit ist dabei eine Frage, wie und ob Schwächen kompromisslos angesprochen werden. Werden diese nicht thematisiert, kommt schnell der Verdacht auf, dass Fehler nicht gesehen werden oder vertuscht werden sollen. Eine gelebte Fehlerkultur wirkt als Katalysator auf dem Weg zur lernenden Organisation. Fehler sollten dabei nicht als Scheitern, sondern als Chance verstanden werden, zu lernen, die Dinge besser zu machen. Wenn jeder noch so kleine Fehler penibel registriert und sanktioniert wird, kann sich kein eigenverantwortliches Handeln beim Mitarbeiter entwickeln. Statt anzuklagen, ist es besser, handelnd zu reagieren. Der Mitarbeiter weiß selbst sehr wohl am besten, dass er einen Fehler gemacht hat. Man sollte sich immer bewusst sein, dass niemand gerne und freiwillig scheitert. Das bedeutet auch, dass der Fokus nicht mehr wie bisher auf den Tangible Assets (Prozesse, Strukturen, KPIs) liegt, sondern Topmanager künftig verstärkt auf die Intangible Assets (Führung, Werte, Kommunikation, Innovation) achten müssen.
Integrität, Charisma, Entscheidungsfreude, Resilienz sind heute wichtiger denn je, um Krisen zu überleben. Dazu kommt ein Höchstmaß an Empowerment und Vertrauen, sowie Eigenverantwortung und unternehmerisches Handeln jedes Einzelnen. Im Kern geht es um eine neue Führungskultur! An der Spitze der Unternehmen sind Menschen gefragt, die glaubwürdig sind und durch Verantwortung, Vorbild und Pflichterfüllung überzeugen. Sie sind nicht nur an Zahlen und Effizienz, sondern auch am Wohlergehen ihrer Mitarbeiter interessiert. Sie stehen für die Werte Kundenorientierung, Integrität, Excellence, Fairness, Bescheidenheit, Sinnvermittlung und Demut.
Mit Coaching zur lernenden Organisation.
Auf dem Weg zur lernenden Organisation ist Führen aber nicht genug! Durch eine falsche Selbstwahrnehmung, die die eigenen blinden Flecken ausblendet, stehen sich Führungskräfte selbst und damit der erfolgreichen Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen im Weg. Ohne die Erkenntnis der eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten fällt es schwer, autonom zu handeln und gelassen mit den zunehmenden Stresssituationen in Krisenzeiten umzugehen. Potenzialorientiertes Coaching hilft hier, indem es den Coachee bei seinen Schritten auf dem Weg zu seiner Lösung, seiner Entscheidung, seiner Handlung begleitet. Es bildet die Leitplanken, damit er sein Potenzial besser nutzen und seine gesetzten Ziele erreichen kann. Im Kern geht es um die Erweiterung der Self-Awareness. Oder um es mit Abraham Maslow zu sagen: „What is necessary to change a person is to change the awareness of himself. “
Hilfe zur Selbsthilfe.
Das Bewusstsein um das wahre Selbst versetzt Führungskräfte in die Lage, mit Agilität und Elastizität den unabwendbaren Krisen und Konflikten im Unternehmen und dem Umfeld begegnen zu können. Der Coach hilft dem Coachee dabei, so viele Informationen wie möglich über sich selbst zu gewinnen, um intelligent und emotional intelligent zu (re)-agieren und die Elastizität seines Handelns zu erweitern. Er versteht sich als Impulsgeber und kreativer Sparringspartner auf Augenhöhe, der stets die Unternehmensstrategie im Auge hat. Die Selbsterkenntnis ist umso wichtiger, weil es die vornehmste und wirkungsvollste Aufgabe von Führung ist, die neuen Verhaltensweisen vorzuleben. Walk the Talk – Führungskräfte praktizieren, was sie predigen.
Da es nicht einfach ist, eine neue Fähigkeit zu entwickeln, Beziehungen zu verbessern und schlechte Angewohnheiten zu überwinden, bedarf es gut ausgebildeter Coaches, die den Coachee durch diesen Prozess begleiten. Statt Handlungsanweisungen zu geben, stellen sie kluge Fragen, um den Coachee bei seiner Veränderung zu unterstützen. Sie helfen, Lernchancen zu erkennen, die Grundlage für eine Veränderung zu schaffen und den Durchblick zu ermöglichen – nicht zuletzt auch mit dem Ziel, Führungskräfte zu guten Coaches zu qualifizieren.
We learn from each other.
Diese Veränderung zu bewältigen, ist aus eigener Kraft sehr schwer. Für eine so große Herausforderung ist auch die Hilfe von anderen Kollegen sinnvoll, z. B. durch die Installation von hierarchieüberschreitenden Intervisionsteams, getreu dem Motto „we learn from each other“. Diese Gruppe zeichnet aus, dass sie ein Interesse am Erfolg und am persönlichen Wachsen hat, als Inspirationsquelle dient und über Fortschritte ein ehrliches und kritisches Feedback gibt. Dieses Peer Coaching bewirkt, dass die Teilnehmer sehr schnell einander gegenüber mehr Anteilnahme zeigen und echte, vertrauensvolle Beziehungen zueinander aufbauen. Der einfühlsame Umgang der Kollegen untereinander spornt auch zu mehr Anteilnahme gegenüber Kunden, Auftraggebern und anderen Mitmenschen an und ist damit ein Meilenstein auf dem Weg zur lernenden Organisation.
Vom Command and Control zum Coaching.
Denn die lernende Organisation ist ein Ort, an dem Führungskräfte und Mitarbeiter ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und ihr Verhalten kontinuierlich weiterentwickeln, einsetzen, teilen, um ihre wahren Ziele zu erreichen, in dem neue Denkweisen unterstützt und neue gemeinsame Hoffnungen gesetzt werden. Coaching wird für das Topmanagement zu einer Kernkompetenz. Dafür bedarf es aber eines Wandels von einer Command-and-Control-Kultur hin zu einer Coaching Kultur. Voraussetzung ist allerdings, dass alle Führungskräfte in einer lernenden Organisation zu Experten in situativem Coaching werden. Statt eines direktiven Stils werden Mitarbeiter durch offene Fragen und Zuhören unterstützt, eine eigene Perspektive zu entwickeln. Es macht daher keinen Sinn mehr, dass Führungskräfte ihre Zeit damit verbringen, ihre Mitarbeiter zu überwachen und zu kontrollieren. Sie sollten ihre Zeit vielmehr nutzen, den coachingorientierten Führungsstil im Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es geht darum, Energie, Empathie, Kreativität und Leidenschaft bei den Mitarbeitern zu wecken, um gemeinsam im Team die enormen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.
Methodenkompetenz im Lehren und Lernen erforderlich.
Der Lernprozess als Inbegriff unternehmerischen Handelns erfordert die Konzentration aller verfügbaren Ressourcen auf den Lernprozess und die konsequente Eliminierung aller lernbehindernden Tendenzen. Für die Festigung des Gelernten und die nachhaltige Umsetzung im betrieblichen Alltag muss mehr Zeit, Kraft und Geld investiert werden, als dies bisher der Fall war. Die größte Verantwortung für das Gelingen liegt bei den Vorgesetzten vor Ort. Als Coaches sorgen Sie dafür, dass das Gelernte in der Praxis überprüft, eventuell ergänzt und vor allem angewandt wird.
Um als „Coach Coaches“ erfolgreich zu sein, brauchen Führungskräfte vor allem die entsprechende Methodenkompetenz im Lernen und Lehren, um bei Bedarf für Supervision zur Verfügung zu stehen und gemäß definierter Anforderungskriterien diejenigen Experten auszuwählen, die ihre Führungskräfte zu Coaches qualifizieren sollen. Das erfordert Markttransparenz, Beratungskompetenz, Coaching-Kompetenz sowie methodische und digitale Kenntnisse. Dabei dürfen sie die Auswirkungen der hybriden Arbeitswelt auf Lernen und Lehren nicht aus den Augen verlieren und müssen diese managen. Ein qualitatives Bildungscontrolling überprüft kontinuierlich die Lernerfolge, analysiert die Fehlentwicklungen und steuert gegebenenfalls mit den erforderlichen Maßnahmen gegen. Denn die Mission heißt: Ökonomisierung der Bildung.