Digitalisierung und Industrie 4.0 stehen für technologische Entwicklungen, die unser Leben, unsere Gesellschaft, vor allem aber unsere Wirtschaft dramatisch – teilweise sogar disruptiv und exponentiell – verändern, und das nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Mit diesem Transformationsprozess einher geht ein ungeheurer Veränderungsdruck, eine rasante Wettbewerbsdynamik und steigende Komplexität. Die daraus resultierenden erforderlichen Anpassungen von Strategie und Organisation überfordern vielfach Mitarbeiter wie Management gleichermaßen.
Digitalisierung und Industrie 4.0 eröffnen Unternehmen aber auch durch die Vielzahl neuer Technologien Möglichkeiten, ihre Produkte anders zu entwickeln, zu fertigen und zu vertreiben. Durch die Vernetzung aller Wirtschaftsteilnehmer entstehen neue Wege der Kommunikation untereinander. Tradierte Rollenklischees haben ausgedient, da der technische Fortschritt Start-Ups in die Lage versetzt, Marktführer anzugreifen und innerhalb weniger Jahre auszuschalten, was bis dato kaum vorstellbar war.
Dieser Transformationsprozess ist trotz seiner ungeheuren Dynamik aber kein Selbstläufer für die Unternehmen, sondern will professionell gestaltet und begleitet werden, wenn er erfolgreich sein soll. Was macht nun den Transformationsprozess der Digitalisierung für ein Unternehmen erfolgreich?
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung.
Um einen Transformationsprozess erfolgreich im Unternehmen zu gestalten, müssen bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehört die altbekannte Erkenntnis, dass der Kunde König ist und im Zentrum aller Unternehmensaktivitäten steht, genauso wie das Denken in Geschäftsprozessen.
Hierbei handelt es sich um eine End-to-end-Betrachtung, in der die Komponenten Zeit, Qualität und Kosten gleichermaßen berücksichtigt werden müssen. Aufgrund ihres interdependenten Verhältnisses zueinander müssen zudem alle Prozesse, Mitarbeiter und Technologien gleichermaßen in den Veränderungsprozess integriert werden. Das erfordert die Entwicklung von maßgeschneiderten Lösungen für jedes einzelne Unternehmen im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten und Ressourcen.
Implementierungsprozess muss von allen mitgetragen werden.
Die Optimierung von Strukturen im Unternehmen zieht unweigerlich auch ein anderes Rollenverständnis nach sich, da sich Stellung, Funktion und Aufgaben der Mitarbeiter und Führungskräfte verändern. Jeder Implementierungsprozess ist daher nur dann erfolgreich, wenn er vom Top-Management, von der Führungsspitze aktiv gefördert, unterstützt und vor allem mitgetragen wird. Das erfordert Kooperation und Kommunikation auf allen betroffenen Ebenen, um das Mitarbeiterpotenzial auszunutzen, Missverständnisse auszuschließen und alle Mitarbeiter am Prozess zu beteiligen.
So hat beispielsweise ein erfolgreicher Automobilhersteller als Ergebnis umfangreicher Transformationsprozesse innerhalb von vier Jahren seinen Umsatz um bis zu 10 Prozent gesteigert und den Jahresüberschuss vor Steuern um bis zu 600 Mio. Euro erhöht. Ansatzpunkte im Transformationsprozess waren die Vision, das Management und die Mitarbeiter, die Strukturen und die Arbeit in Teams, die gemeinsam mit einem erfahrenen Coach analysiert und für die Ziele formuliert wurden. Deren Umsetzung und das Erreichen der Ziele führten zu einer deutlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.
Führung durch Kommunikation.
Jeder Transformationsprozess bedeutet aufgrund der neuen, vielschichtigen Anforderungen an die Führungskräfte auch eine Veränderung ihrer Führungsaufgaben. Führung ist kein eindimensionaler Prozess mehr nach dem Top-Down-Prinzip, sondern muss drei weitere führungsrelevante Dimensionen abdecken.
Top-down-Ansatz
Der klassische Top-down-Ansatz deckt dabei alle Führungsaufgaben ab, die unter dem Begriff Mitarbeiterführung zusammengefasst werden können. Das Management gibt auf der Basis der Unternehmensvisionen und –ziele die Richtung vor und delegiert die entsprechenden Aufgaben in den Verantwortungsbereich der Mitarbeiter. Erst wenn der Erfolg gefährdet erscheint, greift das Management ein und beseitigt aufgetretene Hindernisse oder Engpässe.
Button-up-Ansatz
Der Button-up-Ansatz zielt drauf ab, das Mitarbeiterpotential von unten nach oben auszuschöpfen und die Mitarbeiter „an vorderster Front“ zu mobilisieren. Dies geschieht, indem das Management die notwendigen Freiräume nicht nur schafft, sondern auch toleriert. Freiräume werden von Mitarbeitern aber nur effektiv genutzt, wenn die Mitarbeiter dazu befähigt und motiviert werden, eigenverantwortlich zu handeln. Beim Empowerment geht es aber nicht nur darum, den einzelnen Mitarbeiter oder ganze Teams anzuspornen, ihre Fähigkeiten eigenverantwortlich besser einzusetzen, sondern mögliche Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen.
Kernabläufe funktionsübergreifend neugestalten
Beim dritten Ansatz geht es um die Identifizierung und Neugestaltung von Strukturen und Prozessen mit dem Ziel, Kosten zu reduzieren, die Qualität zu steigern und Zeit zu sparen. Konkret besteht Führung in diesem Rahmen darin, organisatorische Hindernisse zu beseitigen, Anreizsysteme zu schaffen und Prozesse zu koordinieren. Besondere Führungsaufmerksamkeit gilt auch der Reduktion von Komplexität.
Kommunikation ist der Schlüssel für jede erfolgreiche Transformation.
Im Fall beispielsweise eines Automobilherstellers wurde als Vision gemeinsam mit dem Coach das Ziel ausgegeben, Trendsetter bei technischen Innovationen zu werden. Gleichzeitig strebte das Unternehmen eine Unternehmenskultur des ständigen Wandels an, die auch sensibel gegenüber fremden Unternehmenskulturen ist. Die Unternehmensführung trug durch Kontinuität im Management und den Verzicht auf Privilegien ihren Teil zum Erfolg des Transformationsprozesses bei. Gleichzeitig führte sie flexible Arbeitszeitmodelle sowie ein neue Bonussystem ein, wodurch sie die Motivation und das Verantwortungsbewusstsein erhöhte. Das hatte wiederum zur Folge, dass der Krankenstand sank. Strukturell wurde das Händlernetz gestrafft und die Fertigungstiefe verringert. Die Konzentration auf das Kerngeschäft und ein Kostenmanagement, das schon in „fetten“ Jahren durchgezogen wurde, waren weitere Bausteine des erfolgreichen Transformationsprozesses. Die eingeführte Projektgruppenarbeit in Forschung und Entwicklung erhöhte zudem den Teamspirit.
Doch all diese Aspekte des Transformationsprozesses hätten ohne entsprechende Kommunikation nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Eine effiziente und exzellente Unternehmenskommunikation ist der Schlüssel für jede erfolgreiche Transformation.
Die vier Säulen erfolgreicher Kommunikation.
Kommunikation ist besonders dann erfolgreich, wenn der Zuhörer versteht, was er hört, und wenn er sich auch später dann noch daran erinnert und das Gehörte seine Art zu denken und handeln verändert. Erfolgreiche Kommunikation basiert daher auf vier Säulen.
Die Story
Eine klare und prägnante Story muss den Bedürfnissen der Zuhörer dienen. Sie beschreibt das Problem, liefert auch die Lösung und vermeidet abstrakte Begriffe. Nichts bleibt nachhaltiger in Erinnerung und animiert zum Handeln als eine interessante Geschichte. Erfolgreiche Kommunikation beginnt und endet daher mit einer passenden Story.
Die Dramaturgie
Unerwartete, überraschende Botschaften wecken das Interesse und die Neugier. Ungewöhnliche Beispiele lösen Mitgefühl aus und machen die Botschaft leichter erinnerbar.
Die Person
Glaubwürdigkeit und Vertrauen sind ein weiteres wesentliches Element einer guten Kommunikation. Damit die Zuhörer dem Redner die Botschaft abkaufen, sollte die Kommunikation Struktur aufweisen und die Behauptung durch Belege und Statistiken untermauert sein. Eine freundliche, natürliche, einladende, lebendige, aber auch respektvolle Sprache fördert die Glaubwürdigkeit des Kommunikators.
Das Medium
Bei einer Rede, einem Vortrag oder einer Präsentation kann die Auswahl des Mediums hilfreich sein, aber es rettet keine schlechte Präsentation. Vielmehr gilt es, den Kern der Botschaft oder Idee herauszustellen, damit sich der Zuhörer auf die Hauptsache konzentrieren kann.
Manager verbringen oft Wochen oder sogar Monate lang damit, eine Idee zu entwickeln, aber denken nur wenige Stunden darüber nach, wie sie diese Idee präsentieren wollen. Dabei gehört es zu ihren täglichen Aufgaben, vor verschiedenen Gruppen zu sprechen. Umso wichtiger ist es, dass sie sich genau hierüber Gedanken machen sollten. Denn eine exzellent vorbereitete Präsentation richtet den Fokus auf die Kernthemen, die für das Unternehmen wichtig sind. Und je besser die Informationen transportiert werden, umso größer ist der Einfluss auf die Zuhörer.
Erfolg – eine Frage der Zugehörigkeit.
Die digitale Transformation bringt neben weitreichenden strategischen und organisatorischen Veränderungen auch soziokulturelle Veränderungen mit sich. Funktionierende, stabile unternehmensinterne soziale Systeme tragen einen wesentlichen Teil zum Erfolg des Transformationsprozesses bei. Ihre Stabilität erhalten sie durch eine klare Abgrenzung, wer Teil der Gruppe ist und wer nicht. Nur wer sich auch zum System zugehörig fühlt, kann seine volle Identität entfalten und zeitweise auch Frustrationen ertragen, solange nur seine Zugehörigkeit nicht in Frage gestellt wird. Organisationen, die es schaffen, bei ihren Mitarbeitern ein besonderes Gefühl von Zugehörigkeit und damit (Selbst-)Verantwortung über die jeweils aus- und zugewiesene „Rolle“ hinaus zu erzeugen, können auf das notwendige Engagement ihrer Mitarbeiter für die Transformationen bauen.
Klare und Transparente Spielregeln.
Aber auch für den manchmal unvermeidbaren Ausschluss aus dem sozialen System muss es klare Spielregeln geben. Um nicht das gesamte Unternehmen aufs Spiel zu setzen, ist es unabdingbar, den Prozess fair und transparent zu gestalten, sowie den Ausgleich von Geben und Nehmen zu beachten.
Die Beachtung dieser Regeln ist nicht nur für den Ausgeschiedenen bedeutsam, sondern auch für die verbliebenen Mitarbeiter. Denn eine als illoyal, ungerecht oder willkürlich angesehene Kündigung kann zu einer Lähmung des ganzen Unternehmens führen. Dadurch verlieren viele Unternehmen ein enormes Maß an Produktivität, das ursprünglich gerade durch den Transformationsprozess gewonnen werden sollte.
Das richtige Gleichgewicht entscheidet.
Gerade im Transformationsprozess ist die Beachtung des Gleichgewichtsprinzips ein bedeutender Erfolgsfaktor. Denn es erfordert in menschlichen Systemen einen Ausgleich von Geben und Nehmen auf der individuellen Ebene: Wer etwas leistet, wird dafür angemessen entlohnt. Wer etwas Besonderes leistet, wird besser entlohnt. Wer weniger einbringt als er eigentlich könnte, hat auch weniger Anspruch auf Entlohnung.
Bei grundlegenden Veränderungsprozessen müssen nicht nur der Vorstand, sondern alle Mitglieder der Organisation von dieser Notwendigkeit überzeugt werden. Oftmals ist aber viel zu voreilig von Gewinnern und Verlierern des Prozesses die Rede. Die Verlierer gelten meist als Ursache für nicht erfolgreiche Veränderungsprozesse. Ihnen wird vorgehalten, dass sie ihre Kraft, ihr Engagement und ihre Produktivität nicht entsprechend eingebracht haben. Das führt aber zu der Frage, ob sie einfach nicht wollen oder durch die Veränderung an sich blockiert sind. Im letzteren Fall bedarf es viel Kreativität, auch die vermeintlichen Verlierer im Transformationsprozess mitzunehmen.
Auch wenn dem Management im Transformationsprozess eine aktive, gestalterische und motivierende Aufgabe zufällt, kann das Unternehmen andererseits auch von den Mitarbeitern erwarten, dass sie ihr Bestes geben, um den Bestand des Unternehmens zu sichern und zu fördern. Frei nach dem Motto: Frage nicht nur, was das Unternehmen für dich tun kann, sondern frage auch, was du für das Unternehmen tun kannst!