Digitalisierung und Industrie 4.0 sind Synonyme einer dramatischen technologischen Entwicklung, die unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft nachhaltig verändert, teilweise disruptiv und exponentiell. Die Digitalisierung ist dabei kein isolierter Prozess. Es ist eine unheilige Allianz aus Veränderungsdruck, rasanter Wettbewerbsdynamik und Komplexität. Auf ein Minimum verkürzte Reaktionszeiten werden zu entscheidenden Erfolgsfaktoren. Die jeweils erforderliche Anpassung von Strategie und Organisation an die hohe Geschwindigkeit des Wettbewerbs fordert bzw. überfordert aber vielfach Mitarbeiter und Management.
Die Digitalisierung bietet auch Chancen: Unternehmen können durch eine Vielzahl neuer Technologien ihre Angebote anders entwickeln, produzieren und vertreiben. Es eröffnen sich radikal neue Lösungen, mit dem Kunden in Kontakt zu treten – etwa indem Akteure und Dinge miteinander vernetzt werden. Start-ups versetzt der technische Fortschritt in die Lage, Marktführer anzugreifen und innerhalb weniger Jahre auszuschalten.
Neuer Wertekanon für neue Führungskultur.
Aber mit dem wachsenden äußeren Druck auf Mitarbeiter und Führungskräfte im Unternehmen wächst im gleichen Maße auch der innere, emotionale Druck. Diesem Druck können Unternehmen nur wirkungsvoll mit einer neuen Führungskultur begegnen, in der Entscheidungsträger ohne Angst vor möglichen Fehlern entscheiden können. Es bedarf einer Kultur, in der für alle Mitarbeiter eigenes Denken und eigenverantwortliches Handeln gefordert und möglich ist. Eine Kultur, in der, wenn erforderlich, konstruktive Kritik geäußert werden kann – auch an den Vorgesetzten. In der neuen Wertekultur muss wieder Kundenorientierung, Integrität, Bescheidenheit, Exzellenz und Demut (vor-) gelebt werden.
Dazu ist aber ein neuer Typ einer Autoritätsperson, ein „New-Leader in the Digital Age“ nötig. Denn im Kern geht es um eine völlig neue Führungskultur. An der Spitze der Unternehmen brauchen wir Menschen, die glaubwürdig sind und durch Verantwortung, Vorbildlichkeit und Pflichterfüllung überzeugen. Sie sind nicht nur an Zahlen und Effizienz, sondern auch am Wohlergehen ihrer Mitarbeiter interessiert. Sie stehen für die Werte Integrität, Exzellenz, Fairness, Bescheidenheit und Sinnvermittlung. Und sie leben dies im täglichen Leben (walk the talk).
Drei verschiedene Aufmerksamkeitsmodi.
Dieser neue Typ einer Autoritätsperson setzt seine gesamte Aufmerksamkeit und die des gesamten Unternehmens zielgerichtet ein. Sie beherrscht drei verschiedene Aufmerksamkeitsmodi. Die Außenfokussierung verbessert die Fähigkeit, Strategien zu entwickeln, innovativ zu sein und zu führen. Durch Innenfokussierung und Fokussierung auf andere entwickelt sie emotionale Intelligenz.
Vorbild mit emphatischer Ausstrahlung.
Der neue Typ der Autoritätsperson führt achtsam, indem er nicht nur die Richtung mit klaren Zielsetzungen vorgibt, die Leistung der Mitarbeiter kontrolliert und Feedback gibt. Er ist auch Vorbild, inspiriert, ist flexibel und kooperativ. Er gibt geistige Anregungen, erkennt die Potentiale der Mitarbeiter, und ermuntert sie, diese zu nutzen, indem er mit allen redet. Denn Menschen wollen das Positive sehen. Sie neigen dazu, sich an Vorbildern zu orientieren und sie suchen Identifikationen – im Idealfall mit ihrem Chef. Er kombiniert die Kraft der klaren Aussage mit der Wärme der emphatischen Ausstrahlung.
Er ist nicht nur kompetent, sondern auch warmherzig, einfühlsam und ein guter Zuhörer. Denn Warmherzigkeit ermöglicht Einflussnahme. Sie schafft Vertrauen und fördert die Kommunikation und die Aufnahme von Ideen. Mit der richtigen Mischung aus Kompetenz, Präsenz, Zugewandtheit und Einbinden entwickelt er ein entsprechendes Charisma.
Autorität gepaart mit Neugierde und Weitblick.
Seine Kleider und Ausstattung sind authentisch, denn wer nicht authentisch wirkt, bei dem versagt die Autorität. Er drückt sich klar und verständlich aus, demonstriert damit Selbstvertrauen und gewinnt an Autorität. Ein ruhiger, sicherer Stand und die „Bauchstimme“ zeugen von Überzeugungskraft.
Den neuen Typ einer Autoritätsperson zeichnet stets große Neugierde aus, die Bereitschaft, sich für Neues zu öffnen, um ein Gefühl für kommende Trends zu entwickeln, aber auch, um nach möglichen Bedrohungen Ausschau zu halten. Er spricht die neue Sprache der Führungsperson: frisch, einladend, antreibend, aufgeweckt, herausfordernd, innovativ, „equal speaks to equal“.
Drei grundlegende Lehren.
Darüber hinaus ist er erfahren genug, dass er für eine erfolgreiche Geschäftsmodelltransformation drei grundlegende Lehren beherzigen muss:
- Er wertschätzt die bisherigen Stärken genauso wie die neuen Fähigkeiten. Nur wenn es gelingt, die eigene Historie als Stärke zu nutzen, kann eine Transformation Erfolg haben.
- Er rückt den Kunden und seine Bedürfnisse ins Zentrum und gewinnt die Mitarbeiter auf allen Ebenen dafür, die Probleme des Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt primär die eigenen Probleme im Fokus zu haben.
- Er etabliert nachhaltig interne und externe Netzwerke und baut die eigene in-und externe Kooperationsfähigkeit aus. Er überwindet das Silodenken in Strukturen und Prozessen.
….und er ist demütig!
Fazit.
Manager müssen sich bewusst sein, dass sie in einer Zeit, in der sich die Technologie und damit das Kerngeschäft vieler Unternehmen rasanter verändert denn je, längst nicht mehr alles wissen können. Sie sollten akzeptieren, dass Andere meist über viel mehr Know-How verfügen und daher offen sein für deren Rat, Meinung, Feedback.
Demut stammt vom althochdeutschen Wort „diomuoti“ ab, vom Willen zu dienen. Übertragen auf die Welt der Wirtschaft bedeutet dies, dass Führungskräfte…. dienend mit gutem Beispiel vorangehen sollen. Es geht letztlich um einen tiefen Respekt vor dem Kunden, dem Mitarbeiter und der Umwelt.
“Nichts ist schlimmer als gemachte Menschlichkeit.“ (Wolf Büntig)